Strafe | Geschwindigkeitsüberschreitung |  zu schnelles Fahren

Strafe für Geschwindigkeitsüberschreitungen & zu schnelles Fahren: Alle Fakten & Bußgelder im Überblick

Als stolzer Besitzer eines Führerscheins und der damit verbundenen Unabhängigkeit, trägt der Nutzer auch die Verantwortung für diesen. Selbstverständlich sollte sein, dass ein jeder Verkehrsteilnehmer auf sich und andere Acht gibt, allein schon der körperlichen Unversehrtheit wegen.

Doch auch der eigene Geldbeutel kann bei allzu rasanter Fahrweise massiv geschröpft werden. Wer zu zügig unterwegs ist, läuft Gefahr nicht nur ein Bußgeld auferlegt zu bekommen, sondern zusätzlich auch ein Fahrverbot. Autoverkaufen.net hat sich  nach juristischen Möglichkeiten erkundigt, die einem bei Verkehrsdelikten offen stehen. In diesem Zusammenhang gibt Juri Goldstein, Fachanwalt für Strafrecht und Lehrbeauftragter an der Ernst-Abbe Fachhochschule Jena,  sehr hilfreiche Auskünfte.

Inhaltsverzeichnis

  1. Welche Strafe habe ich bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu erwarten?
  2. Ordnungswidrigkeit (OWi) oder Straftat bei Geschwindigkeitsübertretung?
  3. Bußgeldbescheid fehlerhaft? Einspruch kann sich lohnen!
  4. Wie verläuft ein Bußgeldverfahren?
  5. Statistische Werte zu Verkehrsverstößen.

Der Bußgeldkatalog unterscheidet bei Verkehrsvergehen zwischen innerorts und außerorts. Innerorts fallen die Bußgelder höher aus, da andere Verkehrsteilnehmer hier aufgrund der Bevölkerungsdichte und den innerörtlichen Gegebenheiten einer deutlich höheren Gefährdung durch eine rasante Fahrweise ausgesetzt werden als beispielsweise außerorts auf einer Landstraße. Weitere Bußgelder finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (Title: Bußgeldkatalog) (BMVI).

Strafe bei Geschwindigkeitsüberschreitung in der Übersicht

Bußgelder innerorts

Überschreitung der GeschwindigkeitBußgeldPunkteFahrverbot
Bis 10 km/h15
11 – 15 km/h25
16 – 20 km/h35
21 – 25 km/h801
26 – 30 km/h1001
31 – 40 km/h16021 Monat
41 – 50 km/h20021 Monat
51 – 60 km/h28022 Monate
61 – 70 km/h48023 Monate
Über 70 km/h68023 Monate

Bußgelder außerorts

Überschreitung der Geschwindigkeit BußgeldPunkteFahrverbot
Bis 10 km/h10
11 – 15 km/h20
16 – 20 km/h30
21 – 25 km/h701
26 – 30 km/h801
31 – 40 km/h1201
41 – 50 km/h16021 Monat
51 – 60 km/h24021 Monat
61 – 70 km/h44022 Monate
Über 70 km/h60023 Monate

Hinweis: Übrigens, es gelten keine Sonderregeln für 30er-Zonen. Hier gelten die ganz normalen Bußgelder für innerorts. Anders ist es allerdings bei Baustellen. Hier handelt es sich um eine besondere Gefahrenstelle, daher wird zu schnelles Fahren nicht nur mit einem Bußgeld geahndet, sondern mit einer Strafe von mindestens 100 Euro und einem Punkt.



Ordnungswidrigkeit (OWiG) oder Straftat bei Geschwindigkeitsübertretung?

Die überwiegende Zahl der Fälle bei Geschwindigkeitsübertretungen wird mit einer Ordnungswidrigkeit geahndet. Doch bei bestimmten Umständen werden aus zu rasanten Fahrten Straftaten. Dann wird nicht lediglich ein Bußgeldverfahren eingeleitet, sondern ein Strafprozess.

Ordnungswidrigkeiten fallen in den Bereich des Ordnungswidrigskeitenrechts. OWiG. Straftaten werden nach dem Strafrecht des StGB (Strafgesetzbuch) bewertet. Eine Straftat liegt in der Regel vor, wenn drei Bedingungen erfüllt sind:

  • Im StGB oder einem anderen Gesetz wird die Handlung als verbotene Tat aufgeführt, die eine Strafe nach sich zieht.
  • Die handelnde Person hat schuldhaft gehandelt. Das bedeutet, dass die Handlung der Person individuell vorgeworfen werden kann, sie also vorsätzlich oder unter Umständen auch fahrlässig gehandelt hat
  • Es dürfen keine Rechtfertigungsgründe (z. B. bei Notwehr) greifen. Übrigens kann es solche Rechtfertigungsgründe auch im OWiG-Verfahren geben. Hierzu gibt es einige interessante Fallbeispiele Rechtfertigender Notstand im straßenverkehrsrechtlichen OWiG-Verfahren!

Auch bei Ordnungswidrigkeiten gibt es normierte Vorschriften, die mögliche Vergehen definieren. Entsprechende Regelungen finden sich in der Straßenverkehrsordnung (StVO). Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sind beides rechtswidrige Handlungen, weil diverser Rechtsgüter eines Anderen verletzt werden. Die Unterschiede sind,

  • dass Ordnungswidrigkeiten eine Verletzung der Sorgfaltspflicht wiederspiegeln und meistens keine kriminelle Absicht des Handelnden inne haben. Hier wird eher eine Unaufmerksamkeit bestraft, während bei einer Straftat eine kriminelle Intention besteht. Gesellschaftliche Normen und Moralvorstellungen spielen bei den Strafgründen des StGB eine größere Rolle.
    • z.B. ist es eine Ordnungswidrigkeit, wenn ein Fahrer nur kurz in einer Feuerwehrzufahrt hält. Hierbei erlaubt sich der Fahrer ”nur” eine noch sozialadäquate Bequemlichkeit unter dem Motto: „da passiert jetzt ja nichts“. Dennoch verletzt er seine Sorgfaltspflicht diese Ausfahrt freizuhalten, um Gefahren im Ernstfall schnell abwenden zu können. Fahrer- bzw. Unfallflucht kann allerdings schnell als Straftat mit vergleichsweise hoher Strafe geahndet werden. Hier schützt das Strafrecht die Interessen der Unfallbeteiligten, um eine umfassende Aufklärung des Unfallhergangs und eine schnelle Schadensabwicklung zwischen den Beteiligten zu gewährleisten. In den meisten Fällen wird durch strafrechtliche Normen die den Verkehr und die Teilnahme daran betreffen vor allen Dingen die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs geschützt, sowie das Strafverfolgungsinteresse des Staates.
  • dass eine Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet wird, während eine Straftat mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe sanktioniert wird.
  • dass die Ahndung einer Straftat nach dem Legalitätsprinzip verläuft, es muss also in der Regel ein Verfahren eingeleitet werden. Die Bestrafung einer Ordnungswidrigkeit liegt dagegen im pflichtgemäßen Ermessen (Opportunitätsprinzip) der Behörde. Juri Goldstein, Fachanwalt für Strafrecht erklärt, was das bedeutet: Das Verhängen einer erhöhten Strafe für Wiederholungstäter beispielsweise kommt zustande, weil die Behörde in ihrem pflichtgemäßen Ermessen die höhere Strafe für angebracht hält. Auch Beamte auf der Straße haben ein gewisses Ermessen, nachdem sie handeln können.

Was bedeutet das konkret für Sie als Autofahrer? Generell gibt es einige Fälle im Straßenverkehr, bei denen es sich um eine Straftat handelt. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Fahrerflucht (also unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, was nicht unterschätzt werden sollte),
  • Trunkenheit,
  • Kennzeichenmissbrauch,
  • unterlassene Hilfeleistung,
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis
  • und Gefährdung des Straßenverkehrs.

Was ist nun mit den übrigen Situationen, die nicht auf den Tatbestand von Fahrerflucht und Co. passen? Juri Goldstein beschreibt es mit einem Beispiel: Jemand überholt auf der Autobahn und macht dabei einen Fehler. Dieser Fehler wäre eine Ordnungswidrigkeit, da die Achtsamkeitspflicht vom Autofahrer vernachlässigt wurde. Doch wenn jetzt noch etwas dazu kommt, zum Beispiel der Fahrer im Anhörungsbogen schreibt, er wäre durch die Kinder abgelenkt gewesen, kann es sein, dass die Staatsanwaltschaft das Vergehen als Straftat ansieht.



Falls Sie vermuten, dass es einen Zusammenhang zwischen Straftat und Punkten in Flensburg gibt, dann haben Sie insofern Recht, als dass die Verurteilung als Straftat auch automatisch mindestens 2 Punkte einbringt. Andersrum funktioniert diese Logik allerdings nicht.

Bußgeldbescheid fehlerhaft? Einspruch kann sich lohnen!

Tatsächlich bedeutet ein Bescheid im Briefkasten nicht unbedingt, dass die Strafe unumgänglich oder gerechtfertigt ist. Bescheide können anfechtbar sein, denn Mensch und Technik sind nicht frei von Fehlern.

Laut dem Geschäftsführer des Onlineportals geblitzt.de  sind ein Drittel aller Bescheide aufgrund von Geschwindigkeitsübertretungen fehlerhaft. Wenn Autofahrer Bußgelder oder gar Punkte vermeiden möchten, können sie sich an geblitzt.de wenden. Deren Anwälte übernehmen das Risiko der Prozesskosten, behalten sich aber im Falle eines Erfolgs vor Gericht eine Provision ein. Für den betroffenen Autofahrer ist das Angebot kostenfrei.

Nach Angaben des Portals gewinnen sie jeden fünften Fall, bei dem Einspruch eingelegt wird. In weiteren 15 % der Fälle würden Umstände aufgedeckt, durch die die Strafe gemildert wird.

Die Verkehr-Unfall-Technik-Sachverständigengesellschaft (VUT) führte bis 2009 eine Studie zu dem Thema durch. Sie untersuchten 1810 Bußgeldverfahren, von denen sie in mehr als 80 % einen Fehler entdeckten. Auf diese Studie bezieht sich der Automobilclub von Deutschland in seiner Einschätzung, dass in 5% dieser Fälle ein Bescheid gar nicht erst hätte erlassen werden dürfen.

Die VUT beschäftigt sich übrigens auch heute noch mit dem Thema. Im Februar 2019 teilte man mit, dass auch LED-Scheinwerfer Geschwindigkeitsmessungen beeinflussen können. Deren Pulsfrequenz kann die Messgeräte hinters sprichwörtliche Licht führen.

Es gibt also gute Gründe, einen Bescheid der Behörde zu hinterfragen und auch anzufechten.

Gründe für einen Einspruch können zum Beispiel sein,

  • wenn Sie auf dem „Blitzerfoto“ als Fahrer nicht zu erkennen sind (dann kann die Behörde allerdings weitere Nachforschungen anstellen),
  • wenn das Blitzgerät nicht im Mindestabstand zum Verkehrszeichen steht,
  • wenn bei der Laserpistole die Testmessung nicht stattfand
  • wenn mit einer falschen Höchstgeschwindigkeit geblitzt wurde (Blitzerskandal in Köln, hier war die Geschwindigkeit falsch ausgeschildert oder
  • wenn ein Formfehler besteht, der Bescheid zum Beispiel unvollständig ist (insbesondere Unvollständigkeit der Rechtsmittelbelehrung).

Blitzerskandale wie in Köln scheinen keine Seltenheit zu sein. Bei unserer Recherche fanden wir schon bei einer einfachen Google-Suche mehrere Vorkommnisse dieser Art.



Wie verläuft ein Bußgeldverfahren?

Bei nur kleinen Verstößen wird meist nur ein Verwarngeld, ein sogenanntes „Knöllchen“, ausgesprochen. Das sind alle Fälle, bei denen das Vergehen bis 55 Euro geahndet werden kann. Wenn die Frist für das Begleichen der Strafe vorbeigeht, ohne dass Sie bezahlt haben, wird Ihnen ein Bußgeldbescheid oder möglicherweise ein Anhörungsbogen zugeschickt. Bei schwereren Delikten wird statt der schriftlichen Verwarnung gleich ein Bußgeldbescheid beziehungsweise ein Anhörungsbogen verschickt. Auf diesem Anhörungsbogen kann sich der betroffene Fahrzeughalter zum Vorwurf äußern. Ab diesem Zeitpunkt können Sie Ihren Fall von Onlineportalen wie geblitzt.de prüfen lassen. Es ist auch möglich, dass Sie sich selber einen Fachanwalt wie z.B. Juri Goldsteinsuchen, der Ihre weiteren Möglichkeiten überprüft und Sie gegebenenfalls  bei einem möglichen Prozess vertritt.

Ist der Bußgeldbescheid eingetroffen, haben Sie ab dem Zustelldatum zwei Wochen Zeit für einen Einspruch. Verstreicht die Frist, gilt der Bescheid als rechtskräftig. Wenn Einspruch eingelegt wurde, wird dieser von der Behörde geprüft und die Beweise abgewogen. Bleibt die Schuld des Betroffenen bestehen, geht das Verfahren in die Hauptverhandlung. Doch auch gegen ein mögliches sanktionierendes Urteil kann sich noch gewehrt werden und eine Rechtsbeschwerde – wenn zugelassen – eingelegt werden.

Diese Grafik zeigt Ihnen reguläre Abläufe bei einer OWi und die Abfolge wann ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird.

Statistische Werte zu Verkehrsverstößen im Jahr 2017

Für das Jahr 2017 hat das Kraftfahrt-Bundesamt Statistiken aus dem Fahrereignungsregister (FAER) veröffentlicht. Geschwindigkeitsübertretung ist die häufigste Ordnungswidrigkeit der Männer und Frauen.

Art des Delikts Anzahl der Verstoße im Jahr 2017
Straftaten 251.048
Ordnungswidrigkeiten 4.431.074
Drogenverstöße (einschließlich Alkohol) 152.240
Unfallflucht 35.440
Häufigste Ordnungswidrigkeit der Männer Geschwindigkeitsübertretung (2.320.458)
Häufigste Ordnungswidrigkeit der Frauen Geschwindigkeitsübertretung (656.892)
Fahrverbote 455.558
Entziehungen der Fahrerlaubnis 89.772

Quelle: https://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftfahrer/Verkehrsauffaelligkeiten/verkehrsauffaelligkeiten_node.html

Nach der Reform des Verkehrszentralregisters 2014 und dem nochmaligen Update und Verschärfung des Bußgeldkatalogs 2017, gelten heute noch höhere Strafen. Der Trend geht also dahin, dass das  Strafmaß für solche Handlungen eher steigen wird statt abnimmt.

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